Behandlungsvertrag – warum er so wichtig ist

Behandlungsvertrag? Welche Vorteile bringt er mir als Tierheilpraktiker im Berufsalltag? Die meisten Berufskollegen klagen beinahe täglich über den bürokratischen Aufwand, den das Führen einer Tierheilpraxis mit sich bringt. Zwischen Allgemeinen Behandlungsbedingungen, Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und den gerade sehr beliebten Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form, mag sich so mancher fragen, worum es bei der Tätigkeit als Tierheilpraktiker eigentlich geht. Und nur zu gern würde sich mancher ausschließlich darauf konzentrieren: nämlich auf das Erkennen der Krankheit und Behandlung des tierischen Patienten.

Doch bringt auch Letztere rechtliche Hindernisse mit sich. Nämlich spätestens dann, wenn die angedachte Behandlung nicht anschlägt oder sich der jeweilige Tierhalter unzufrieden zeigt. Regressforderungen und der Vorwurf eines Behandlungsfehlers liegen einem Tierheilpraktiker dann nicht nur schwer auf der Seele, sondern zuweilen auch auf der Brieftasche. Jedoch sind wir als Tierheilpraktiker diesem Risiko nicht schutzlos ausgeliefert. Einige Maßnahmen können und sollten im Rahmen des Betriebs einer Praxis ergriffen werden.

Behandlungsvertrag

Auch, wenn es Ihnen als Tierheilpraktiker den Schweiß auf die Stirn treibt: Mit jedem Patientenbesitzer sollten Sie einen Behandlungsvertrag abschließen. Es bestehen rechtlich mehrere Ausgestaltungsmöglichkeiten. Ein Behandlungsvertrag kann als Dienstvertrag (nach § 611 BGB) oder als Werkvertrag (nach § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) geschlossen werden. Zur Absicherung der Tätigkeit eines Tierheilpraktikers sollte es sich in der Regel um einen Dienstvertrag handeln. Im Folgenden ein paar knackige Erläuterungen, aufgrund derer ich das Ergebnis hier schon vorwegnehmen kann.

Dienstvertrag

In § 611 BGB heißt es: „Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste (hier = A), der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (hier = B).“ Zum besseren Verständnis folgendes Beispiel: A betreibt ein Nachhilfeinstitut für Schüler. B möchte seiner Tochter eine Förderung im Bereich ‚Physik‘ ermöglichen. A schließt mit B einen Dienstvertrag über die Nachhilfe im Schulfach ‚Physik‘. Die Tochter von B schreibt nun trotzdem in der nächsten Klausur eine Fünf. Sie hatte zuvor mehrere Stunden bei A, die B bezahlt hat. Nun ist B unzufrieden und fordert von A die bereits erbrachte Geldleistung zurück.

Dies tut er in diesem Falle völlig zu Unrecht. Denn Inhalt des Dienstvertrages ist lediglich die Vollbringung der Leistung (= Durchführung der Nachhilfestunden). Das heißt es gibt kein festes Endergebnis (= mindestens eine Note „Zwei“ in der nächsten Klausur).

Merke: Ein Dienstvertrag hat also nie ein geschuldetes Endergebnis.

Werkvertrag

In § 631 BGB heißt es: „Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer (hier = A) zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller (hier =B) zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“ Bleiben wir bei dem Beispiel der Förderung im Fach ‚Physik‘. Würden A und B einen Werkvertrag über die Nachhilfestunden abschließen, so wäre das „versprochene Werk“ mindestens eine Note „Zwei“ in der nächsten Klausur. Sollte dies nicht eintreten, so könnte B hier Gewährleistungsansprüche, beispielsweise die Forderung, sein Geld zurück zu erhalten, geltend machen. Auch könnte er gegebenenfalls Schadensersatzansprüche anmelden.

Beim Werkvertrag liegt also der Fokus auf einem bestimmten Erfolg. Der Unternehmer muss „ohne schuldhafte Zurückbehaltung“ Einsatz dahingehend erbringen, dass dieser Erfolg eintritt. Übertragen wir also das Gesagte auf unsere Tätigkeit als Tierheilpraktiker, so stellen wir fest, dass wir den „Erfolg“, der eine essentielle Rolle im Werkvertrag einnimmt, gar nicht versprechen können.

Stellen wir uns vor, wir erstellen einen Behandlungsplan für einen Hund, der mit einer Lahmheitserscheinung im linken Vorderlauf in der Praxis vorgestellt wird. Außerdem haben wir als Tierheilpraktiker das Ziel, diese Erscheinung nach der Behandlung vollständig eliminiert zu haben. Die tatsächliche Minderung bzw. das Verschwinden des Symptoms können wir jedoch nicht versprechen. Dafür sind der Metabolismus und die möglichen Gründe für eine solche Lahmheit des Hundes, zu vielschichtig. Es wäre ein großes (auch finanzielles) Risiko, einen derartigen Beratungsvertrag als Werkvertrag zu schließen. Denn wir müssten das Tier so lange therapieren, bis aus irgendeinem Grunde eine Besserung eintritt. Oder aber, wir müssen dem Kunden das Geld zurückerstatten.

Ganz fernab dieser allgemeinen Umstände des Privatrechts, ist es natürlich auch verboten, ein derart hoch unprofessionelles Heilungsversprechen an den Kunden weiterzugeben.

Schriftliche Verträge sind wichtig

Kommen wir nun zu dem Grund, warum die Schriftlichkeit dieses Vertrages so wichtig ist. Mündliche Verträge haben eine ganz geringe Beweiskraft. Zumeist steht es Aussage gegen Aussage, wenn ein Vertragspartner mit den Leistungen des Anderen nicht zufrieden ist. A behauptet, dass A und B einen Dienstvertrag geschlossen hätten. B ist sich aber sehr sicher, dass es ein Werkvertrag war. Und so finden sich A und B leider wahrscheinlich vor einem Zivilgericht wieder.

Ferner bietet Ihnen als Tierheilpraktiker die schriftliche Abfassung des Behandlungsvertrages die Möglichkeit, die Einzelheiten Ihrer Leistung als Tierheilpraktiker genau zu definieren. Auch können Sie zum Beispiel festzuhalten, dass den Tierhalter bei der Behandlung gewisse Mitwirkungspflichten treffen. Soll der Kunde also beispielsweise ergänzende Befunde einholen, oder vielleicht einen Tierphysiotherapeuten konsultieren, damit eine saubere Differentialdiagnose erstellt werden kann und er kommt dieser Pflicht nicht nach, so könnten Sie als Tierheilpraktiker gegebenenfalls über diesen Vertragsbruch Ihre Haftung bei einer vorgeworfenen „Schlechtleistung“ Ihrerseits deutlich beschränken oder unter Umständen ganz verneinen.

Behandlungsvertrag als Vordruck

Mein Tipp: Sofern Sie als Tierheilpraktiker das Risiko nicht eingehen möchten, sich einen Behandlungsvertrag selbst zu erstellen, halten viele der namhaften Tierheilpraktikerverbände Vordrucke für ihre Mitglieder bereit. Diese sind zumeist von Rechtsgelehrten geprüft und/oder erstellt. Des Weiteren bieten die Verbände auch Sonderkonditionen für Behandler-Rechtsschutzversicherungen an. Derlei Versicherungen sind für jeden Tierheilpraktiker neben der üblichen Berufshaftpflichtversicherung absolut sinnvoll, da sie im „Fall der Fälle“ die Kosten für eine rechtliche Vertretung vor Gericht übernehmen.

Ich wünsche Ihnen allen, dass Ihnen das aufgrund Ihrer rechtlichen Vorsichtsmaßnahmen (nämlich das Nutzen eines Behandlungsvertrags) erspart bleibt.

 

Kurz über mich als Gastautorin

Ich bin Sabrina Hinrichs – Dipl. Rechtspflegerin, ausgebildete Hundetrainerin, zertifizierte Tierheilpraktikerin und Dozentin im Rahmen der Hundetrainerausbildung in einem Schulungszentrum in Norddeutschland.

Beitrag zuletzt aktualisiert am 25. Februar 2021

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