Kotfressen – Alarmsignal der Bauchspeicheldrüse?

Kotfressen wird auch als Koprophagie bezeichnet. Meist frisst ein Hund den Kot anderer Tierarten – vielfach den von Pflanzenfressern wie etwa Kaninchen, Schafen oder Pferden. Teilweise wird aber auch eigener Kot bzw. der von Artgenossen oder auch Menschen aufgenommen.

Natürliches Verhalten

So viel schon einmal vorweg: Koprophagie gehört durchaus zum Normalverhalten des Hundes. Schon sein Urahn der Wolf, hatte Kot „zum Fressen gern“. Denn vielfach vertilgte er das gesamte Beutetier, das heißt auch Teile des Magen- und Darminhalts. Dies vor allem dann, wenn Letzterer von einem Pflanzenfresser stammte. Der Vorteil dabei: Pflanzliche Bestandteile wurden bereits vom Beutetier durch Verdauungssäfte und bakterielle Aktivitäten aufgeschlossen. Hierdurch stehen einem erfolgreichen Jäger unterschiedliche Nähr- und Vitalstoffe zur Verfügung.

Aber auch bei einer Hündin, die geworfen hat, ist Koprophagie zu beobachten. Denn sie reinigt in den ersten Lebenswochen ihre Welpen bzw. das Nest dadurch, dass sie Kot und Urin des Nachwuchses aufleckt. Die Aufnahme von Kot wird auch beim Welpen selbst beobachtet. Hier liegt die Vermutung nahe, dass dies den Aufbau der sich entwickelnden Darmflora unterstützt.

Unerwünschtes Kotfressen

Zudem begünstigen schlechte hygienische Verhältnisse das Kotfressen beim Hund. Dies vor allem dann, wenn der verfügbare Raum begrenzt ist (zum Beispiel in einem Zwinger). Darüber hinaus führen Würmer & Co. im Darm eines Hunds unter Umständen zur Koprophagie. Außerdem kann die mangelnde Aufmerksamkeit eines Tierbesitzers das Kotfressen beim Hund fördern. Denn dieser lernt unter Umständen schnell, dass sich Herrchen und/oder Frauchen dann mit ihm beschäftigen – wenn auch im negativen Sinne.

Mitunter ist auch eine gestörte Darmflora – etwa aufgrund einer Therapie mit Antibiotika – Ursache für unerwünschtes Kotfressen. Nämlich dann, wenn die Darmflora geschädigt ist und der Darm des Hundes bestimmte Vitamine nicht mehr in ausreichender Menge aufnehmen bzw. selbst herstellen kann: dies sind unter anderem die Vitamine B1, B2 und K. Bei den Mineralstoffen – diese muss der Hund in jedem Fall über die Nahrung aufnehmen – kann ein Kupfer-, aber auch ein Phosphormangel mit Koprophagie in Zusammenhang stehen.

Kotfressen, wenn die Bauchspeicheldrüse streikt

Und wo wir gerade beim Verdauungssystem sind: Kotfressen ist zudem eines der Symptome, das auf eine Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse (lat. Pankreas) hindeuten kann. In diesem Fall, werden von ihr nicht ausreichend Verdauungsenzyme produziert und mit dem Pankreassaft in den Dünndarm ausgeschüttet. Dadurch wird vor allem die Spaltung von Kohlenhydraten und Fetten beeinträchtigt. Diese Unterfunktion der exokrinen Bauchspeicheldrüse wird als exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) bezeichnet.

Die Bauchspeicheldrüse

Das Pankreas ist eine wichtige Drüse des tierischen Organismus. Sie ist ein Organ mit exokriner und endokriner Sekretion (Absonderung):

  • Als Drüse mit exokriner, also äußerer Sekretion bildet sie den Pankreassaft. Dieser wird von ihr in den Zwölffingerdarm abgegeben. Dies ist der erste kurze Abschnitt des Dünndarms. Je nach Hunderasse kann er zwischen 1,8 bis 4,8 Meter lang sein.
  • Als Drüse mit endokriner, also innerer Sekretion bildet das Pankreas Hormone für die Verstoffwechslung von Kohlenhydraten bzw. Glukose. Letztere gehört zu den Einfachzuckern.

Der wässrig, klare Pankreassaft enthält kohlenhydrat-, fett- und proteinspaltende Enzyme, die teils als Vorstufen existieren sowie die zunächst inaktiven sogenannten Carboxypeptidasen – sie gehören ebenfalls zu den Enzymen. Darüber hinaus sind in ihm wichtige Puffersubstanzen enthalten – es handelt sich dabei um sogenannte Bicarbonate (HCO3, weitere Bezeichnung: Hydrogencarbonate). Sie neutralisieren aggressive Säuren, die aus dem Magen stammen. Dadurch schaffen sie ein alkalisches, also basisches Milieu im Dünndarm, damit dieser die Nährstoffe optimal verdauen kann.

Erfahrungen aus der Praxis

In meiner auf das Verdauungssystem spezialisierten Tierheilpraxis werden immer wieder Hunde mit Verdauungsproblemen vorgestellt. Bei einer EPI sind dies Symptome wie etwa riesige, häufig abgesetzte Kothaufen (einer meiner Hundepatienten verrichtete bis zu 8-mal am Tag sein „großes Geschäft“), eine schlechte Fellqualität, aber auch Abmagerung trotz guter Futteraufnahme, die zu einer Beratung führen. Das Symptom ‚Kotfressen’ steht dabei seltener im Vordergrund.

Ob die genannten Symptome durch eine exokrine Pankreasinsuffizienz verursacht werden, lässt sich unter anderem mit der caninen Trypsin-like-Immunoreactivity (cTLI) im Blutserum nachweisen. Damit das Ergebnis verlässlich ist, muss ein Hund vor der Blutentnahme mindestens drei bis teils sogar 12 Stunden vollkommen nüchtern sein. Allerdings gibt es einen Haken. Denn in manchen Fällen ist cTLI unauffällig, obwohl bei einem Patientenhund tatsächlich eine exokrine Pankeasinsuffizienz vorliegt.

Um ganz sicher zu gehen, wird deshalb zusätzlich im Kot die Konzentration der caninen pankreatischen Elastase (cE1) bestimmt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie häufig der ermittelte cE1-Wert bei einem Hundepatienten vom Normwert > 180 µg/g Kot abweicht. Ab einem Wert von < 10 µg/g Kot liegt übrigens tatsächlich eine exokrine Pankreasinsuffizienz vor.

Kotfressen durch Trockenfutter?!

Was zu einer Entgleisung des cE1-Werts nach unten geführt hat, bleibt vielfach ungeklärt – trotz meines intensiven Nachfragens. Was mir jedoch bei der Fallaufnahme immer wieder ins Auge sticht: Viele der betroffenen Hunde werden mit einem mehr oder weniger guten handelsüblichen Trockenfutter ernährt. Der darin teils erstaunlich hohe Kohlenhydratanteil (etwa 30 bis 60 Prozent) führt jedoch meiner Meinung nach beim Hund zu verschiedenen Problemen:

  1. Tierische Proteine in Form von Fleisch(brühe), aber auch Kochsalz und Wasser kurbeln die Magensäureproduktion an. Pflanzliche Proteine (zum Beispiel Soja) sowie Kohlenhydrate bzw. Zucker und Butter setzen diese jedoch herab. In Folge dessen werden Bakterien nicht oder nur unzureichend von den stark sauren Magensäften abgetötet und es kann zu Verdauungsstörungen kommen.
  2. Das Pankreas des Semi-Karnivors Hund ist von Natur aus keineswegs auf große Kohlenhydratmengen eingestellt. Daher ist es mit der für die Verdauung erforderlichen Enzymproduktion oftmals überfordert. Wird jahrelang handelsübliches Trockenfutter gefüttert, dann verwundert es nicht, dass selbst das gesündeste Pankreas irgendwann streikt.

Durch Barf dem Pankreas auf die Beine helfen

Aus verschiedenen Gründen bin ich ein Freund des Barfens, wobei ich betonen möchte, dass sich dieses alternative Futterkonzept nicht für jeden Hund und bei jeder Erkrankung eignet. Bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz kann es jedoch durchaus infrage kommen und die Regeneration der Bauchspeicheldrüse unterstützen. Vorausgesetzt, es wird ergänzend zur Behandlung, keine herkömmliche, sondern eine auf das Problem speziell abgestimmte Barf-Ration gefüttert.

Stoffwechsel und Darmflora unterstützen

Ist das Pankreas in seiner Funktion eingeschränkt, dann kann über eine naturheilkundliche Behandlung nachgedacht werden. Zusätzlich sollten Stoffwechsel und Darmflora unterstützt werden: zum Beispiel mit einer Ausleitungskur, die Leber und Nieren unterstützt, indem – streng nach Laborbefund – Probiotika gegeben und Antibiotika möglichst reduziert oder vermieden werden. Dies gilt auch für chemische Wurmkuren. Außerdem unterstützt eine möglichst natürliche Fütterung den Darm und damit die Gesundheit eines Hundes.

Verlauf kontrollieren

Normalerweise überprüfe ich acht Wochen nach Behandlungsstart ein weiteres Mal den cE1-Wert des Kots. Ist alles okay, dann geschieht dies nur noch im viertel- bzw. halbjährlichen Rhythmus, damit ich schnell handeln kann, wenn die Bauchspeicheldrüse erneut zu wenig Verdauungsenzyme bzw. deren Vorstufen ausschüttet.

Hinweis

Dies ist nur zu Ihrer Information und nicht als Anleitung zur Selbstdiagnose oder -therapie bestimmt. Sprechen Sie im konkreten Fall bitte Ihren Tierarzt oder einen Tierheilpraktiker in Ihrer Nähe an.

Beitrag zuletzt aktualisiert am 21. Februar 2021

Kurz über mich als Autorin

Sabine NawotkaIch bin Sabine Nawotka – Diplom-Ökonomin mit Schwerpunkt Marketing und Social-Media-Managerin IHK. Ich lebe und arbeite seit 1997 in Münster (NRW).

Die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin war mir so wichtig, dass ich währenddessen sogar ein sehr attraktives Jobangebot in London abgelehnt habe. Seit 2002 arbeite ich als verbandsüberprüfte Tierheilpraktikerin mobil – in Münster (NRW) sowie im Umkreis von maximal 25 km. Meine Spezialgebiete sind das Verdauungssystem (inklusive der Anhangsdrüsen des Darms (Leber und Bauchspeicheldrüse)) sowie die (artgerechte) Ernährung von Hund und Katze. Ich unterstütze meine tierischen Patienten naturheilkundlich, also ganz ohne schädliche Chemie.

Außerdem war ich von Juni 2019 bis Anfang 2024 immer wieder live als Expertin „Tiergesundheit“ beim Homeshopping-Sender CHANNEL21 im Format "Vier Pfoten" zu sehen.

Darüber hinaus setze ich mich dafür ein, dass Tierheilpraktiker noch professioneller arbeiten. Deshalb gebe ich zum Beispiel schon seit vielen Jahren (Online-)Seminare für (angehende) Tierheilpraktiker und Wiedereinsteiger.

Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments